
Schulzeit
Sehr geprägt hat mich die gymnasiale Oberstufe am Evangelischen Seminar in Blaubeuren. Neben der Freude an der Theologie als Wissenschaft waren es auch die Kunst- und Klostergeschichte sowie die kirchenmusikalischen Aktivitäten, die für mich in dieser Zeit sehr wichtig geworden waren. Zum Ausgleich fürs Lernen, Denken und Musizieren war ich viel an den Blaubeurer Felsen klettern.
Studium und Soziales Jahr
Nach dem Abitur (1987) begann ich mit dem Theologiestudium an der Kirchlichen Hochschule Neuendettelsau. Dort wurde ich in meinem dritten Semester von der Studierendenschaft zum AStA-Vorsitzenden gewählt, wodurch ich dann einen engen Kontakt zum damaligen Rektor Prof. Dr. Wolfgang Stegemann hatte. Er machte mich auf Antijudaismen im Neuen Testament und in der weiteren Kirchen- und Theologiegeschichte aufmerksam.
Auch aus diesem Grund, aber vor allem auch deshalb, weil ich mir zu dieser Zeit nicht sicher war, ob ich für mich nach dem Theologiestudium eine berufliche Praxis als Pfarrer vorstellen könnte oder ob ich nicht doch besser Architektur studieren sollte, unterbrach ich mein Studium für ein Jahr. Im Herbst ’89 brach ich für 12 Monate nach Israel auf und arbeitete in der jüdisch-palästinensischen Kooperative Neve Shalom / Wahat al Salam. Auf einem Hügel zwischen Tel Aviv und Jerusalem (bei Latroun) gelegen, war diese kleine Dorf damals für mich sehr faszinierend, weil die Menschen dort trotz ihrer jeweils sehr unterschiedlichen Herkünfte versuchten, ein Modell der friedlichen Koexistenz von jüdischen Israelis und muslimisch-christlichen Israels bzw. Palästinensern zu leben. Mein bescheidener Beitrag sollten handwerkliche Dienste sein (Gartenarbeit, Bauarbeiten, Maurer- und Schweißerarbeiten und vieles andere mehr, alles ungelernt, aber gut angelernt). Was zählte, war Handarbeit. Während dieser Zeit besuchte ich regelmäßig einen Sprachkurs Neuhebräisch in Jerusalem.
Nach diesem Jahr in Israel setzte ich mein Theologiestudium in Bern in der Schweiz fort, wo ich parallel auch Judaistik studierte.
Zum eigentlichen Hauptstudium wechselte ich dann nach Heidelberg, wo mir neben verschiedenen theologischen Lehrveranstaltungen unvergesslich ein Vortrag bleibt, des damals schon über 90-jährigen Hermeneutikers Hans Georg Gadamer in der Alten Aula. Mit Gadamer beschäftige ich mich bis heute immer wieder und eigentlich war es diese Begegnung auch, die in mir das Interesse an der Philosophie und insbesondere den hermeneutischen Fragen weckte. Was ist Wahrheit? Gibt es die eine Wahrheit? Ist Wahrheit immerzu relativ, eine Konstruktion rhetorischer Kommunikation?
Vikariat in der Reutlinger Oststadt
In Tübingen schloss ich mein Studium mit dem 1. Kirchlichen Examen ab und war dann sehr dankbar, dass ich bereits nach kurzer Zeit eine Stelle als Vikar in der Reutlinger Oststadt übertragen bekam (alles andere als eine Selbstverständlichkeit zu dieser Zeit). Das Kirchengebäude meiner Ausbildungsgemeinde wurde später die erste Kirche in der Württembergischen Landeskirche, die entwidmet und verkauft wurde, die Leonhardskirche (ein Bau Heinrich Dolmetsch, 1894, als Behelfskirche für die Zeit der großen Marienkirchenrenovierung 1894-1901).
Meine Frau arbeitete inzwischen als Dozentin für Sprecherziehung am damaligen Theologischen Seminar der Evangelisch-methodistischen Kirche in Reutlingen und dann später als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Redaktion des Historischen Wörterbuchs der Rhetorik an der Universität Tübingen. Zu ihrem Universitätsexamen in Sprecherziehung und Sprechwissenschaft hat sie ein Magisterstudium in Allgemeine Rhetorik und Kunstgeschichte absolviert und mit ihrem fachspezifischen Themen meinen Denkhorizont unermesslich erweitert. Und nicht nur dafür bin ich ihr sehr sehr dankbar.
Unständiger Pfarrdienst in Reutlingen-Reicheneck
Meine Zeit im sog. Unständigen Pfarrdienst verbrachte ich in Reutlingen-Reicheneck (Kirchenbezirk Bad Urach), wo ich die große Freude hatte, in einer überschaubaren und doch sehr motivierten Kirchengemeinde tätig sein zu dürfen. In meine Dienstzeit fiel auch eine umfassende Sanierung der kleinen Dorfkirche, die 1910 Martin Elsässer in Fachwerkarchitektur errichten ließ. Da ich „nur“ einen 50%-Dienstauftrag hatte, wählte ich mir für die anderen 50% eine wissenschaftliche Beschäftigung und befasste mich während dieser Zeit mit Friedrich Christoph Oetinger und seiner Kabbalarezeption. Ich war motiviert, ein Thema in der Theologiegeschichte zu finden und zu bearbeiten, das von einer positiven Begegnung von Christentum und Judentum zeugt und bei Oetinger fand ich dazu viele Anregungen. Den Satz aus seinem Biblisch-Emblematischen Wörterbuch, dass „der Juden Beschneidung und der Christen Taufe auf einer einzigen göttlichen Gnade beruhe“ werde ich nie vergessen, so wenig wie die Ermutigung „Theologie aus der Idee des Lebens“ zu betreiben oder dass Predigten „Reden ans Herz“ zu sein haben. Heute würde ich sagen „Reden an Herz und Verstand“ und weiß nach dem Studium von einigen hundert Oetingerpredigten, dass er selbst den „gelehrten“ Verstand nie gering schätzte.
Geschäftsführendes Pfarramt in Tuttlingen-Möhringen, Emmingen-Liptingen
Zu ersten ständigen Pfarrstelle wechselte ich im Sommer 2000 nach in den Süden unserer Landeskirche, nach Tuttlingen-Möhringen. Zu dieser Stelle gehörte damals noch über den Witthoh hinweg Emmingen-Liptingen. Den wunderbaren Blick von dieser höchsten Erhebung im Hegau genoss ich immer wieder, hinunter zum Bodensee und hinüber zu den Schweizer Bergen. Diese dortige Diasporagemeinde, am Rand unserer Landeskirche bot mir viele Freiheiten und Möglichkeiten. Ich durfte mich ausprobieren und auch der Gemeinde sicherlich viel zumuten. Wir öffneten die Möhringer Kreuzkirche als Fahrradkirche, da sie direkt am Donauradweg liegt und ich kuratierte dort auch viele Kunstausstellungen, nachdem sie 2002 grundlegend renoviert wurde. Ein Leitgedanke bei dieser Renovierung war, dass wir die Kirche von allem nicht zwingend notwendigen dauerhaften Ausstattungsgegenstände entleeren wollten und mit leeren weißen Wänden Platz für temporäre Gestaltungen schaffen wollten. Wir füllten den Raum mit Gottesdiensten und Ausstellungen, mit Wort, Musik und Ruhe. Für mich war die Möhringer Kreuzkirche ein Labor, das mich verschiedene Dimensionen der Kirchenraumtheologie studieren ließ. Die Kontakte zu vielen Künstlerinnen und Künstlern in der Region und darüber hinaus bereicherten meine Arbeit ungemein.
Zu diesem Zeit begann ich mich auch im Verein für Kirche und Kunst in der Evangelischen Landeskirche zu engagieren, dem ich seit 2018 vorstehen darf. Ich kann und will mir Kirche nicht ohne Begegnung mit Kunst vorstellen. Deshalb finden Sie auf diesen Seiten auch einige Texte von mir zu diesem Themenzusammenhang. Kirchen sind auch Räume der Kunst, davon bin fest überzeugt.
In der Tuttlinger Zeit bat mich auch Dekan Frank Morlok, dass ich sein Stellvertreter werden möge. Bis zu seiner Anfrage hatte ich keinerlei Gedanken diesbezüglich, dass ich vermehrt auch kirchenleitende Verantwortung übernehmen könnte. Was mit dem Dekaneamt an Aufgaben verbunden ist, das habe ich dann während der Vakanz des Tuttlinger Dekanats vollends gespürt. Zwischenzeitlich war ich allerdings bereits auf die nächste Pfarrstelle gewechselt, auf die geschäftsführende Stelle in Rottweil, was damals ebenfalls zum Kirchenbezirk Tuttlingen gehörte.
Geschäftsführendes Pfarramt in Rottweil
Rottweil wurde für mich zur schönsten Pfarrstelle, nicht zuletzt auch wegen der mich faszinierenden spätbarocken evangelischen Kirche, einer ursprünglichen Klosterkirche der Dominikaner. Ihr theologisch-ikonographischen Bildprogramm bot für mich eine kaum auszuschöpfende Fülle an Anregungen für Kirchenraumtheologie und Kirchenraumpädagogik. Meine ganzen Studien zur Rottweiler Predigerkirche konnte ich schließlich zu einem Kirchenführer zusammenbringen, für den ich sämtliche Fotografien und Texte beitrug. Durch viele Layout-Aufgaben hinreichend anderweitig schon geschult, bereitete mir auch die Gestaltung des kleinen Büchleins große Freude. Die Rottweiler Zeit war für mich auch geprägt von wunderbaren Erfahrungen in der Kindergartenarbeit, in der Ökumene. Ein großer ökumenischer Kirchentag brachte nicht zuletzt auch neue private Freundschaften, vor allem zu dem österreichischen Pastoraltheologen Paul M. Zulehner, dem ich für viele sehr empathische Begegnungen und pastoraltheologische und kirchensoziologische, vor allem aber menschliche Impulse von Herzen dankbar bin. Mit diesen Jahren im Landkreis Rottweil verbinde ich auch mir sehr wertvolle Erinnerung an die Notfallseelsorge. Zeitweilig hatte ich beinahe jede zweite Woche den Piepser bei mir und war viel zu Einsätzen im ganzen Landkreis unterwegs, oft auch mitten in der Nacht. Fast immer hatte ich hinterher den Eindruck, dass diese Dienste sehr sehr sinnvoll waren, was freilich nicht von allem anderen beruflichen Notwendigkeiten gesagt werden kann.
Pfarrer und Dekan in Reutlingen
Ende 2014 wurde ich als Pfarrer an der Marienkirche in Reutlingen und Dekan des Kirchenbezirks Reutlingen gewählt und 2024 wiedergewählt.