Manchmal brauchen wir einen zweiten Anlauf und dann leiten wir ihn so ein oder schreiben die Abkürzung „m.a.W.“ Wenn es gut geht, dann ist das, was man jetzt „mit anderen Worten“ sagt, klarer und kürzer als das zuvor Gesagte, und also verständlicher. „Alles Verstehen ist Übersetzen“, hat einmal der französische Philosoph Paul Ricoeur gesagt. Ob dies umgekehrt auch gilt: „Alles Übersetzen ist Verstehen“?
In diesen Tagen finden in Reutlingen die 11. Baden-Württembergischen Übersetzertage unter dem Titel „Mit anderen Worten“ statt. Übersetzerinnen und Übersetzern sind Fragen nach dem Verstehen sehr vertraut. Das Übersetzen soll ja schließlich helfen, das Original verständlich zu machen. Doch wenn dann
„die Worte schillern in verschiedenen Bedeutungen“, dann wird es schwierig. Der aktuelle deutsche Buchpreisträger Robert Menasse hat in einem seiner früheren Theaterstücke („Dr. Hoechst“) diese Schwierigkeiten aufgegriffen und fragt nach „der alleinig wahren“ Übersetzung und setzt gar noch eins drauf: „Was ist die offenbarte Wahrheit?“ Vielleicht geht es also beim Übersetzen nicht nur ums Verstehen, sondern sogar um Wahrheit.
Freilich, Schülerinnen und Schüler sind froh, wenn sie einen Fremdsprachentext einigermaßen verstanden haben. Aber wenn wir – so wie gerade – übers Übersetzen etwas grundsätzlicher nachdenken, dann merken wir, wie wir eigentlich alle immerzu übersetzen wollen und müssen, auch wenn wir ein und dieselbe Muttersprache sprechen. Ein besonders anschauliches Beispiel geben gerade unsere Politikerinnen und Politiker in Berlin. Wenn beispielsweise nach den Sondierungsgesprächen die Sprecher der beteiligten Parteien versuchen, die Gesprächsinhalte für die Öffentlichkeit verständlich zu machen. Wie sehr „schillern“ da die Worte in verschiedenen Bedeutungen? Wo liegt da die Wahrheit?
Das sind Fragen, die jedoch genauso auch unsere alltäglichen Gespräche betreffen und die uns manchmal sehr zu schaffen machen. Wie sag ich es jetzt richtig?
Umso mehr freuen wir uns, wenn wir das Gefühl haben, verstanden worden zu sein. Wenn wir etwas nicht noch einmal „mit anderen Worten“ sagen müssen. Der biblische Psalmbeter weiß von diesem Glück des Verstanden-Werdens und dankt deshalb Gott: „Du verstehst meine Gedanken von ferne. … Es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, Herr, nicht schon wüsstest.“
Wie gut, dass es im Gespräch mit Gott nicht auf noch einmal andere Worte ankommt.