Auf ein Wort: Schon wieder die Hälfte rum?

„Wer hätte denn das gedacht, als wir vor einem halben Jahr am Stand auf dem Weihnachtsmarkt uns getroffen hatten, dass …“ So hab ich es vor ein paar Tagen gehört und bin fast erschrocken. „Schon wieder die Hälfte rum“, dachte ich, „das darf doch nicht wahr sein“. Eigentlich wissen es ja schon Kindergartenkinder, wenn sie das Lied von der Jahresuhr singen „Januar, Februar, März, April, die Jahresuhr steht niemals still“ und wir Erwachsene wissen es erst recht: die Zeit vergeht und zwar ganz gleichmäßig. Doch manchmal spüren wir auch, dass wir nicht ganz im Takt der Zeit leben, wenn wir der Zeit voraus sind oder hinterherhinken, weil sie uns überhaupt nicht ausreicht. Fußballbegeisterte wissen darum, wie knapp die Zeit werden kann, wenn die eigene Mannschaft mitten in der zweiten Halbzeit in Rückstand gerät.

Pünktlich zum letzten Weihnachtsgeschäft erschien ein Buch zum Thema „Zeit“ mit dem Untertitel „Was sie aus uns macht und was wir aus ihr machen“. Ja, was macht die Zeit mit uns? So lange wir mit der Zeit gehen, in der Zeit liegen, so lange macht die Zeit wohl nicht viel mit uns, außer dass wir mit der Zeit beispielsweise ergrauen. Aber in den Momenten, wo die Zeit knapp wird, da werden wir aufmerksam und spüren wir ihren Einfluss.

Der Hinweis auf den Weihnachtsmarkt vor einem halben Jahr traf mich völlig unerwartet und mit einem Schlag wurde mir der Lauf der Zeit mit seiner oft verborgenen Geschwindigkeit wieder sehr bewusst. Dass wir jetzt im Jahreskreis schon wieder den maximalen Abstand zu Weihnachten erreicht haben, ich kann es kaum glauben. Obwohl ich es besser wissen müsste. Gestern war Johannistag, der 24. Juni, ein Tag der Erinnerung an Johannes den Täufer. Ihm verdanken wir den Hinweis: „Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen.“ Johannes weist auf den, dessen Geburt wir an Weihnachten feiern, und der Johannistag weist sinnbildlich darauf, dass von jetzt an die Tage im Jahreslauf wieder kürzer werde, bis das Licht der Welt mitten in aller Dunkelheit anbricht. Ja an Weihnachten feiern wir das ganz besonders, aber warum sollten wir denn nicht auch jetzt, da schon wieder die Hälfte des Jahres rum ist, an diese ganz besondere Lichtquelle unseres Lebens denken: Jesus Christus ist derselbe, gestern und heute und bleibt es auch in Ewigkeit. (Hebr 13, 8) Darauf will ich  mich verlassen, auch mitten unterm Jahr und nicht nur an Weihnachten.

Dekan im Kirchenbezirk Reutlingen

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