Auf ein Wort: Ja bist du noch bei Trost?

so rutscht es mir heraus, als eine meiner Töchter im tiefsten Winter meint, nur mit einer leichten Jacke nach draußen gehen zu müssen. Freilich, auf den Ton kommt es in einer solchen Situation immer auch noch an, aber am Unverständnis über das merkwürdige  Verhalten ändert das nichts. Ich kann das einfach nicht verstehen, wie das Aussehen so viel wichtiger sein soll als dass die Kleidung richtig warm gibt.

Es mag ein sehr schlichtes Beispiel sein, aber – zugegeben – manchmal denke ich auch bei wesentlich wichtigeren Fragen so: „Ja, seid ihr denn noch bei Trost?“ Wenn irgendeine politische Entscheidung nicht zu meiner Erwartung passt oder ich einfach die Welt nicht mehr verstehe.

Und jenseits der vielleicht allzu flapsig anmutenden Redewendung bleibt oft die Frage des Adventslieds: „Wo bleibst du, Trost, der ganzen Welt?“ Bei all den Krisen und Konflikten können wir leicht, wie damals der Liederdichter Friedrich Spee mitten im Dreißigjährigen Krieg, die Klage anstimmen: „Hier leiden wir die größte Not, vor Augen steht der ewig Tod.“ In so vielen Ländern dieser Erde ist die Not ungeheuerlich. Wenn wir in den Nahen Osten schauen, dann erscheint uns die Zukunft weithin trostlos.

Viele empfinden das Gefühl der Trostlosigkeit aber auch unabhängig von der allgemeinen Weltlage, beim Blick auf ganz private Sorgen. Und gerade zu Jahresbeginn kommen dann bange Fragen nach der Zukunft: Was bringt mir dieses neue Jahr?

Nein, wir wissen es nicht und das ist im Grunde auch gut so. Weil wir so doch auch an Hoffnungen festhalten können, und wenn sie noch so haltlos erscheinen mögen. Ein Bibelwort zum Festhalten ist ganz gewiss die neue Jahreslosung: „Gott spricht: Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“ (Jesaja 66, 13) Genau das richtige Wort zur richtigen Zeit. Wir sollen nicht einfach im finsteren Jammertal verharren, sondern dürfen erkennen, dass der Himmel aufgeht. Gott sieht uns, wenn es uns schlecht geht. Gott kommt zu uns, wenn wir nicht mehr weiter wissen. Gott tröstet uns – wie eine Mutter.

Vertrauen wir darauf und halten uns daran fest. Dann können wir auch in 2016 entgegen allem Zweifel mit fester Stimme und frohem Herzen sagen: „Ja, wir sind bei Trost!“

Dekan im Kirchenbezirk Reutlingen

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