Zur Zukunft „unserer“ Kirchengebäude

Kirchen sind immer mehr als sie sind.

Die Bauzeit der Reutlinger Marienkirche dauerte ein knappes Jahrhundert lang (1247-1343), die des Ulmer Münsters gar ein halbes Jahrtausend (1377-1890). Mutig die Generationen, die mit dem Bauen begonnen haben, zuversichtlich jene, die sich in den Dienst der Sache gestellt haben, ohne Anfang und Abschluss selbst mitzuerleben, und glücklich, wer schließlich den Tag der Einweihung erleben durfte. Im Horizont solcher Zeitspannen relativieren sich jeweils aktuelle Diskussionen und erst recht manche Zweifel an der Zukunftstauglichkeit der Gebäude. Das Vertrauen auf Zukunft war immer größer als die Erfahrung gegenwärtiger Schwierigkeiten. Kirchengebäude sind deshalb mindestens so sehr Symbole einer Zukunftshoffnung wie sie eben auch steingewordene Speicher von Glaubensgeschichte(n) sind.   

Gegenwärtig wird wieder einmal viel über die Zukunft unserer Kirchengebäude diskutiert, ob innerkirchlich, wie beispielsweise in unserer württembergischen Landeskirche im Zusammenhang der OIKOS genannten Gebäudestrategieüberlegungen (seit 2023)[1], oder ob in weit darüber hinausreichenden Kontexten, wofür die breite Rezeption des sogenannten Kirchenmanifests (2024)[2] ein merkenswerter Beleg ist. Demnächst wird sich einmal mehr der Evangelische Kirchbautag (2025) unter dem Titel „Wirklichkeiten und Wege[n]“ mit Bedarfen, Fragen von Teilhabe und Partnerschaften, die für die Zukunft unserer Kirchengebäude Relevanz haben, auseinandersetzen.[3]

22 Jahre ist es nun schon her, dass sich die Synode der EKD auf einer Tagung in Leipzig der Frage nach der Zukunft von Kirchenräumen widmete.[4] Damals kurz nach der Jahrtausendwende prägte das Nachdenken über die Bedeutung von Kirchengebäuden insbesondere der Anspruch, dass offene, sprich zuverlässig geöffnete Kirchen „als Orte der Besinnung und Ermutigung“ erfahren werden könnten. Kirchen sollten „der Seele Raum geben“, wenn schon die Krisenhaftigkeit unserer Zeit besonders bedrängende seelische Drucksituationen auslösten. „Vor allem in Krisensituationen oder nach Ereignissen wie den Terroranschlägen vom 11. September [2001] fänden viele Menschen den Weg in die Kirche.“[5] Eine Erfahrung, die sich zuvor schon und danach leider oft genug immer wieder bestätigte. Man denke nur an die Terror- und Amokereignisse des letzten halben Jahres, von Magdeburg, über Aschaffenburg bis Mannheim. In allen diesen Fällen waren Kirchen in der akuten Schocksituation Orte, an denen der Seele und ihrer großen inneren Unruhe Raum gegeben werden konnte. 

Das Hauptreferat jener Synodaltagung hielt seinerzeit Fulbert Steffensky unter dem Titel des Schwerpunktthemas.[6] Er erinnerte dabei zunächst an die Sprengung der Paulinerkirche in Leipzig im Jahr 1960 mit Originalzitaten von Augenzeuginnen und Augenzeugen. Da war viel von „Schmerz2 die Rede und dies nicht nur im Blick auf die die Sprengung mitverfolgenden Menschen, sondern auch als metaphorische Empfindung des Kirchengebäudes selbst. Einen „Todeskampf“ hätte die Paulinerkirche zu erleiden gehabt, bis sie schließlich „das Haupt neigte und verschied“. Die „Hinterbliebenen“ hätten geweint und es so empfunden, als hätten sie „einen nahen Angehörigen verloren“. Eine andere Stimme habe jedoch dann auch an den Beginn der friedlichen Revolution (1989) erinnert, als sich just am Ort der abgerissenen Paulinerkirche die Menschen für zum friedlichen Protest versammelt hätten. Dies sei gewissermaßen auch eine „geistige Auferstehung der Kirche“ gewesen, „denn dass die Revolution friedlich war, lag ja auch zu einem nicht geringen Teil daran, dass die Leute vorher in den Kirchen waren, um zu beten.“ Die Paulinerkirche „starb“ wie ein Mensch, wie Christus, und konnte in der friedlichen Revolution wieder geistig auferstehen. Inzwischen ist sie sogar auch „leiblich“ wieder auferstanden (2017). Ob der Versuch des Niederländischen Architekten Erick van Egeraat gelungen ist, kirchliche und universitäre Nutzung gleichermaßen zu ermöglichen,[7] mag hier an dieser Stelle unerheblich sein. Es wäre erfahrungsbasiert zu diskutieren, ob und wie das heute Paulinum genannte Gebäude „Bedarfe, Teilhabe und Partnerschaften“ bedienen kann. Doch im Rückblick auf den Abriss der historischen Paulinerkirche stellte Steffensky in seinem Vortrag die kirchenraumtheologisch viel wesentlichere Frage: „Wie kommt es, dass Menschen so empfinden angesichts eines Bauwerks?“ Und darauf antwortend kommt er dann auf die Mehrdeutigkeit eines jeden Kirchbaus zu sprechen: „Ein Kirchbau ist nie nur, was er ist.“ Diese Einsicht gilt meines Erachtens grundsätzlich für alle Kirchengebäude: Kirchen sind immer mehr als sie sind.

Zur Dialektik von Kirchenräumen

Die Mehrdeutigkeit von Kirchenräumen erleichtert die Diskussion um die Zukunft der Kirchengebäude nicht gerade, zumal die Bedeutungsvielfalt auch nicht einfach mit einer bestimmten Logik erfasst werden kann. Versuche diesbezüglich wurden in der Kirchenraumtheologie der vergangenen zwei bis drei Jahrzehnte immer wieder gemacht.[8] Kirchenräume können beheimaten ebenso wie sie befremden können. Sie stiften kollektive Identifikationen wie sie höchstsubjektive Bedeutungsträger sind. Sie sind Orte der Ruhe und des Schweigens ebenso wie sie Klangräume oder akustische Skulpturen sind.[9] Kirchen können heilen[10] und können  (freilich heilsam) verstören.[11] Sie sind Ausdruck steingewordener Theologie ebenso wie Beleg für theologische Entwicklungsprozesse. Sie sind Grabmäler[12] wie sie Auferstehungszeugen[13] sind. Sie sind Zeichen von Macht und Herrschaft ebenso wie sie Räume demokratischer Verständigung sind. Man könnte von geradezu dialektischen Kirchenraumtheorien und -theologien sprechen.

Und doch gibt es auch eindeutige und unstrittige Bedeutungszuschreibungen. Dass in Kirchen Gottes Wort gesagt, darauf gehört und geantwortet werden soll, ist eine weithin anerkannte Zweckbestimmung, an deren Verwirklichung sich auch für die Zukunft der Kirchengebäude etwas grundsätzlich entscheidet. Die Frage, ob eine Kirche weiterhin „geistlich beatmet“ werden kann und soll, hat für alle eventuellen Nutzungserweiterungen einen maßgeblichen Einfluss.[14] Selbst bei weitreichender Multifunktionalität eines Kirchenraums wird es einen erheblichen Unterschied ausmachen, ob darin Gottesdienst – in welcher Form und Regelmäßigkeit auch immer – gefeiert wird oder nicht.

Für unsere katholischen Geschwister spielt an dieser Stelle das Verständnis des Kirchengebäudes als eines Sakralraums, als eines heiligen, geweihten Raumes eine große Rolle. Sobald dann eine Kirche profaniert, gleichsam entweiht ist, ergeben sich für die Nachnutzung deutlich größere Spielräume, was nicht bedeuten muss, dass dann auf alle Zukunft hin in einem umgewidmeten Kirchenraum keine liturgische Nutzung mehr stattfinden könnte. Und auch wenn seitens der evangelischen Kirchenraumtheologie längst sehr viel aufgeschlossener mit dem Begriff des Sakralen umgegangen wird: Normative Unterscheidungen zwischen Sakralem und Profanem helfen uns in diesem Zusammenhang nicht wirklich weiter, angesichts dessen, was Menschen beim Anblick eines Kirchengebäudes oder beim Eintritt in einen Kirchenraum schlichtweg empfinden oder nicht. Diese Empfindungen sind freilich höchst subjektiv und doch gibt es meines Erachtens so etwas wie ein intersubjektives Gespür für die Besonderheit einer Kirche im Unterschied zu allen anderen Gebäuden, ein Sensorium für die besondere Atmosphäre eines Kirchenraums. Der Philosoph Hermann Schmitz sprach in diesem Zusammenhang vom Kirchenraum als einer „Stätte einer Kultur der Gefühle im umfriedeten Raum“ und macht damit dieses besondere atmosphärische Empfinden nicht nur für religiös musikalische Menschen anschlussfähig, sondern eigentlich für alle, die offen sind, ihre Gefühle durch Kirchenraumcharakteristiken „kultivieren“ zu lassen.[15]

Die Besonderheit dieser Gebäude wurde vielfach auch schon soziologisch beschrieben als andere Orte, als Gegenräume bzw. Heterotopien,[16] als sogenannte Dritte Orte, zwischen Wohnort (first place) und Arbeitsort (second place),[17] damit als öffentliche Orte der Begegnung, und zuletzt im sogenannten Kirchenmanifest als Vierte Orte. Als solche sind sie „offene, spirituell bedeutsame Chancenräume einer Sorgenden Gemeinschaft“.[18] Und in der Tat brauchen alle Gemeinwesen, gleich ob im groß- oder kleinstädtischen Kontext oder im ländlichen Raum solche besonderen, öffentlichen Orte. Der Soziologe Hartmut Rosa wies unlängst auf den demokratiepraktischen Nutzen solcher Räume hin, die nicht zuletzt auch als Übungsräume für das Aufeinanderhören von unverzichtbarer Bedeutung seien.[19] Kirchenräume sind demnach Orte der Verständigung, Orte dialogischer Vergewisserung und demokratischer Orientierung.

Höchst subjektive Haltungen und Erwartungen werden in Kirchen hineingetragen und werden in der Kommunikation mit dem Wort Gottes, den Perspektiven des Glaubens und transzendenten Horizonten herausgefordert. Dies geschieht in ritualisierter Liturgie und situativer Verkündigung ebenso wie in stiller Begegnung, die für neue Wahrnehmungen aufschließt. Vermutlich trägt zudem genau diese Dialektik zwischen allgemeiner verbaler Kommunikation einerseits und persönlich nonverbaler Reflexion und Kontemplation andererseits zur Besonderheit des Gebäudetypus Kirche wesentlich bei.

Zur Bedeutsamkeit des Kirchenmanifests

Kirchengebäude – und das kann meines Erachtens nicht genug betont werden – sind öffentliche Räume. Das bereits mehrfach zitierte Kirchenmanifest formuliert noch vehementer: „Kirchenbauten sind radikal öffentliche Orte.“ So wenig wie die Kommunikation des Evangeliums etwa nur Privatsache sein kann, so sehr müssen von diesem kirchlichen Grundverständnis her Kirchen als Verkündigungsorten öffentlich sein. Das Evangelium hat um aller Menschen willen eine radikal öffentliche Relevanz. Die biblische Botschaft fordert und fördert unsere Verantwortung gegenüber Gott und der Welt, so dass zugespitzt formuliert werden könnte: Kirchen sind ebenso weltlich-öffentliche Orte wie sie auch spezifisch kirchlich-liturgische Orte sind, sofern sie zu Verantwortung ermutigende Orte sind.

Bislang liegt die Verantwortung für den Erhalt von Kirchen vielfach bei ihren kirchlichen Eigentümern alleine. Dankbarerweise gibt es staatliche Unterstützung, beispielsweise für denkmalgeschützte Kirchengebäude, und insbesondere auch ein immer wieder erfreulich hohes Maß an privater Unterstützung. Es zeugt von großer Verbundenheit mit einem Kirchengebäude, wenn sich angesichts geplanter Baumaßnahmen zudem Fördervereine oder Benefizaktivitäten entwickeln. Ohne diese Form kooperativer Finanzierung wäre den kirchlichen Körperschaften weitaus weniger an Gebäudeunterhaltung möglich. Und doch stellt das Kirchenmanifest die auch von mir in diesem Text immer wieder verwendete Formulierung von „unseren“ Kirchen insofern in einen weiteren Horizont, als dass von Kirchen ausdrücklich als von „Gemeingüter[n]“ gesprochen wird. „Kirchenbauten und ihre Ausstattungen gehören nicht allein den kirchlichen Institutionen und Gemeinden“, heißt es im Zusammenhang der Frage, wie denn künftig die finanzielle Herausforderung der Gebäudeunterhaltung getragen werden könnte. Ob Stiftungsmodelle die allgemein hinreichende Antwort darauf sein können, bezweifle ich, aber dass die Frage der Gebäudeunterhaltung eine viel breitere Antwort braucht, als wie sie kirchensteuerbasierte Haushaltsplanungen geben können, das scheint mir unbedingt richtig zu sein. Die Zukunft „unserer“ Kirchengebäude hängt also maßgeblich davon ab, wer sich gegenüber diesem „uns“ verantwortlich erweist bzw. wer dieses „uns“ mitzutragen und mitzugestalten bereit ist. Tatsächlich braucht es vielfach „eine breit aufgestellte Verantwortungsgemeinschaft“, der gegenüber sich Kirchen nicht nur offen zeigen sollten, sondern die sie selbst je spezifisch aktiv initiieren sollte. Dabei sollte der kirchliche Denkhorizont grundsätzlich mindestens bis zu ökumenischen, diakonischen und kommunalen Kooperationspartnerinnen reichen, und doch dort nicht enden. Es gibt je örtlich sehr unterschiedliche öffentliche Bedarfe und Potentiale, die auch in der Kooperation mit anderen Akteurinnen und Akteuren in Kirchenräumen verwirklicht werden können.

Beispielhaft erlebte ich es unlängst in der Vorbereitung auf eine größere künstlerische Intervention in einem historischen Kirchenraum so, dass die kirchlichen Verantwortungsträger vor Ort auf die Frage, was denn alles möglich sein könnte, antworteten: Grundsätzlich alles, solange nicht die Feier des Gottesdienstes verunmöglicht werden würde. Die Durchführbarkeit von Gottesdiensten als unaufgebbares Kriterium zu benennen, entspricht sowohl der grundsätzlichen Zweckbestimmung als auch der grundsätzlichen Konstitution einer spezifisch-sakralen Atmosphäre dieser Räume. Ohne dieses Kriterium liturgischer Glaubenspraxis verlöre der Kirchenraum seine atmosphärischen Qualitäten.

Last but not least: Kirchen sind Räume der Kunst

Als Vorsitzender des Vereins für Kirche und Kunst in der Evangelischen Landeskirche möchte ich es nicht versäumen, schließlich noch einen Blick auf die mit den Kirchenräumen tradierte künstlerische Ausstattung und ihre Zukunft zu werfen. Eine große Stärke des Kirchenmanifestes ist – wie oben schon betont -, dass mit ihm die Frage nach der Zukunft der Kirchengebäude über die innerkirchliche Verantwortungsgemeinschaft hinaus andressiert wird: „Kirchen sind Gemeingüter!“ So die Hauptüberschrift.

Aus der Kirche-Kunst-Sicht ist eigens zu betonen, dass auch die künstlerische Ausstattung der Kirchengebäude so zu verstehen ist, als Gemeingüter. Ob es um skulpturale Stücke, um Wand- oder Altarmalerei, um Glas- oder Textilkunst, ob es um für sich stehende oder um raumbezogene Kunst in all ihren verschiedensten Gestaltungsformen geht, vielfach handelt es sich um herausragende Kulturgüter, die zum allgemeinen kulturellen Erbe zählen. Deshalb sollte Frage nach der künstlerischen Ausstattung eines zur Diskussion stehenden Kirchenraums ein unverzichtbarer Bestandteil der konzeptionellen Gebäudestrategie sein. Wenn Kirchen Räume der Kunst sind, dann ist die Kunst von Anbeginn der Diskussion zur Sprache zu bringen. Und dafür braucht es eine hinreichend kompetente Lesefähigkeit und ein Leseverständnis von Raum, Kunst und Liturgie. Vielfach fühlen sich die Verantwortlichen der kirchlichen Träger überfordert, wenn es um Gestaltungsoptionen in Sachen Kunst geht. Deshalb sind landeskirchlich Beauftragte für Kunst und Kirchenraumberatung in allen Transformationsprozessen von Kirchengebäuden eine wertvolle Unterstützung.[20] Wo es diese Beratungsressource nicht gibt, braucht es alternative Beratungsangebote, vom hinreichend ausgewiesenen ehrenamtlichen Engagement der beispielsweise in landeskirchlichen Kunstvereinen Tätigen bis hin zu extern-professioneller Expertise durch in Kunst, Kunstgeschichte und deren Vermittlung engagierten Fachleuten.

Neben dem Thema der Kunst in Kirchenräumen als kulturellem Erbe ist zudem die Begegnung von Kirche und Kunst als Gegenwarts- und Zukunftsthema unverzichtbar. Kirche ist nie nur Funktion, sondern immer auch ästhetische, atmosphärische, sinnliche, sinnsuchende und sinnstiftende Gestaltung. Kirche ist nie nur für sich, sondern in Begegnung. Kunst lädt ebenso wie Kirche zu Auseinandersetzung und Verständigung ein, zu Reflexion über das Offensichtliche hinaus, zu Rezeption von Wirklichkeit mit allen Sinnen.

Und dabei wird dann immer wieder deutlich: Kunst und Kirche sind immer mehr als sie sind. Die Erfahrung dieser nie vollständig zu erfassenden Mehrwerte sollte allemal Motivation genug sein, sich in Verantwortungsgemeinschaften für die Zukunft unserer Kirchengebäude zu engagieren, auch über unsere Zeit und ihre Herausforderungen hinaus.

Marcus Keinath

Dekan im Kirchenbezirk Reutlingen und Kandidat von Evangelium und Kirche für die Landessynode sowie Vorsitzender des Vereins für Kirche und Kunst in der evangelischen Landeskirche in Württemberg.


[1] https://www.oikos-elk-wue.de/oikos-strategie [Zugriff dieses und aller weiteren Online-Links am 03.05.2025]

[2] Das Kirchenmanifest haben im Mai 2024 zehn baukulturelle Akteurinnen und Akteure veröffentlicht, wobei zunächst bei der Erarbeitung des Textes ausdrücklich keine offiziell kirchlichen Stimmen mitgewirkt haben. Unter den zwischenzeitlich mehr als 22.000 Unterstützerinnen und Unterstützer reihen sich jetzt jedoch auch viele kirchlich Verantwortliche ein, darunter auch der Autor dieses Beitrags. Zum Text des Kirchenmanifests mit ergänzenden Informationen siehe: https://www.moderne-regional.de/kirchenmanifest/

[3] Siehe: https://kirchbautag.de/

[4] Vgl. https://www.ekd.de/pm122_2003_dokumentation_synode.html

[5] Siehe Anm. 4.

[6] Der Text des Referats von Fulbert Steffensky „Der Seele Raum geben – Kirchen als Orte der Besinnung und Ermutigung“ findet sich online unter: http://www.worshipworld.de/Steffensky.pdf

[7] Egeraat formulierte seinen eigenen Anspruch so: „Ich wollte eine Kirche für diejenigen bauen, die eine Kirche wollten. Und eine Aula für diejenigen, die eine Aula wollten.“ Siehe: https://www.leipzig-lese.de/sehenswuerdigkeiten/oertlichkeiten/paulinum-eroeffnet-und-st-pauli-geweiht/

[8] Neuere Arbeiten hierzu sind beispielsweise:

  • Clemens W. Bethge, Kirchenraum. Eine raumtheoretische Konzeptualisierung der Wirkungsästhetik, Stuttgart 2015.
  • Thomas Erne, Hybride Räume der Transzendenz. Wozu wir heute noch Kirchen brauchen, Leipzig 2017.
  • Christine Siegl, Gast – Raum – Kirche. Nutzungserweiterung von Dorfkirchen als kirchliches Handeln, Freiburg im Breisgau 2019.
  • Maximilian Gigl, Sakralbauten. Bedeutung und Funktion in säkularer Gesellschaft, Freiburg im Breisgau 2020.

[9] Von einer „akustischen Skulptur“ sprach der Künstler Marcel Duchamp vor über einhundert Jahren wohl als erster, wie der Philosoph Gernot Böhme in einem Essay zur „Stimme im leiblichen Raum“ annimmt, in: Ders., Atmosphäre. Essays zur neuen Ästhetik, Berlin 22014, S. 159.

[10] Wolfgang Huber formulierte in einem Referat auf dem Stuttgarter Kirchbautag 2005: „Kirchenräume haben eine starke spirituelle Kraft, sie legen einen heiligen, heilenden Verband um die Seele des Menschen, damit sie sich erholen kann.“ (https://www.ekd.de/050930_huber_kirchbautag.htm)

[11] Die Dialektik zwischen Heilsamkeit und Verstörung, zwischen Vertrautheit und Fremde drückt Steffensky treffend so aus: „Der fremde Raum ruft mir zu: Halt! Unterbrich dich! Befreie dich von deinen Wiederholungen. Er bietet mir eine Andersheit, die mich heilt, gerade weil sie mich nicht wiederholt, sondern mich von mir wegführt. Kirchen heilen, insofern sie nicht sind wie wir selber.“ (http://www.worshipworld.de/Steffensky.pdf, S. 6)

[12] Die Rede von den Kirchen als Grabmälern verdankt sich der Schlussfrage aus dem Aphorismus 125 „Der tolle Mensch“ von Friedrich Nietzsche: „Was sind denn diese Kirchen noch, wenn sie nicht die Grüfte und Grabmäler Gottes sind?“, in: Ders., Werke in drei Bänden, Bd. 2, Darmstadt 1997, S. 128.

[13] Maximilian Gigl schlägt in Auseinandersetzung mit der Frage Nietzsches nach den Kirchen als Grabmälern Gottes vor, „die religiöse Bedeutung [von Sakralbauten] – ja sogar heilsgeschichtliche Relevanz – darin“ zu erkennen, „dass sie nach dem Tod Gottes eine ‚Auferstehung‘ der Religion in gewandelter Gestalt offenhält – unübersehbar konkret-materiell, öffentlich und für alle.“ (Gigl, Sakralbauten, S. 523.)

[14] Thomas Erne verwendet diese Begrifflichkeit, die ich gerne übernehme: „Eine Kirche, … die nicht geistlich beatmet [kursiv M.K.] wird, die nicht in der religiösen Kommunikation der Gemeinde, in den verschiedenen Formen der Liturgie die Gegenwart Gottes feiert, verliert auch ihren ästhetischen Reiz und ihre Leistungskraft als Schnittstelle und Hybridraum der Transzendenz.“ (Ders., Hybride Räume der Transzendenz, S. 138).

[15] Hermann Schmitz, Der Leib, der Raum und die Gefühle, Bielefeld 32015, 78ff.

[16] Vgl. Michel Foucault, Die Heterotopien. Der utopische Körper. Zwei Radiovorträge [1966], Berlin 2013, S. 7-22.

[17] Vgl. dazu https://de.wikipedia.org/wiki/Dritter_Ort

[18] https://www.moderne-regional.de/kirchenmanifest/

[19] Hartmut Rosa, Demokratie braucht Religion, München 2022, S. 55f.

[20] Beispielhaft in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Näheres dazu unter: https://www.kirche-kunst.de/kunstberatung

Eine der maßgeblichen Autorinnen des Kirchenmanifests veröffentlichte jüngst im Deutschen Pfarrerinnen- und Pfarrerblatt (4/2025) einen Artikel mit der Überschrift: „Vom Wert der Irritation. Kirchenbauten als Infrastruktur der Demokratie“. Im Anschluss an den Soziologen Rainald Manthe (Ders., Demokratie fehlt Begegnung. Über Alltagsorte des sozialen Zusammenhalts, Bielefeld 2024) bezieht sich Karin Berkemann auf vier Schritte, die zur demokratischen Alltagsverständigung unverzichtbar seien: die zufällige Begegnung, der sprachliche Austausch, die wiederkehrende Begegnung und die gemeinsame Aktivität. Berkemann ist der Überzeugung, dass sich eben jene vier Schritte auch auf die Potentiale von Kirchenräumen übertragen lassen und diese so „als Infrastruktur der Demokratie“ qualifizieren.

Der Artikel steht hier zum Download bereit:

20250503_Zur_Zukunft_unserer_Kirchengebäude

Dekan im Kirchenbezirk Reutlingen

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